Lernen wir aus Katastrophen, stumpfen wir medial ab oder war es ein geplantes Vorgehen der britischen Behörden im Falle eines Terrorangriffes? Die Medienberichterstattung der Anschläge vom 7. Juli war im Vergleich zu den Terrorattentaten vom 11. September 2001 oder 11. März 2004 geradezu im homöopatischen Dosen verabreicht.
Die Orte der Anschläge weithin abgeriegelt; Ausschließlich Aufnahmen von durch die Straßen rassender Krankenwagen, den ganzen Tag immer wieder die gleichen Bilder, kaum neues Material.
Sehr zum Leidwesen katastrophengeiler Sender wie n-tv und Konsorten. Aber warum war es nicht möglich in einer Metropole wie London besseres und vor allem schneller zu Bildmaterial zu kommen? Einer Stadt, in der selbst in Pubs Überwachungskameras hängen und gesamte Straßenzüge überwacht werden. Ein Orwellsches Paradies eigentlich, dennoch keine Bilder der Überwachungskameras. Bisher;
Die Vorbereitungen der Britischen Behörden auf Terroranschäge umfassen mit Sicherheit auch den Umgang mit den Medien, wie das Timing und die Informationen der professionell abgehaltenen Pressekonferenz zeigen. Nicht schon kurze Zeit nach den Anschlägen, nein, erst viele Stunden später werden die Medien ausführlich informiert. Ein morbides Ansteigen der Opferzahlen während des ganzen Tages wie Beispielsweise in Madrid wird damit vermieden.
Die Berichterstatter werden von den Orten der Katastrophen fern gehalten um nicht das Grauen „live und ungeschnitten“ in alle Welt zu transportieren und so freiwillig den Attentätern eine der wichtigsten Waffen der Gegenwart, die Medienberichterstattung gratis zur Verfügung zu stellen. So geschehen am 11. September 2001, als das zweite Flugzeug wenige Zeit nach dem Ersten in den Turm raste als bereits alle Kameras auf das WTC gerichtet waren. Besser geht’s medial nicht.
Es geht aber auch nicht darum, die Katastrophe herunterzuspielen oder gar zu vertuschen. Es geht nur darum, nicht mit der Angst der Menschen zu spielen und mit den Bildern Einschaltquoten zu generieren. Oder gar wie n-tv am Abend, als der Sender einen abscheulichen Terrorbildschirmschoner abspielte und die (wenigen) Bilder der Katastrophe mit emotionalen, filmmusikartigen Tönen unterlegte.
Am Rande ist bemerkenswert, dass die klassischen Medien tagsüber kaum Informationen generieren konnten und so auf private Informationsquellen zurückgreifen mussten: Weblogs wurden zur Informationsquelle von Bildern und Inhalten.
London war ein Beispiel wie solche Katastrophen in Zukunft gehandelt werden sollten: Keine überflüssigen, emotionlisierenden Bilder; Eine seriöse Tatsachenberichterstattung und keine den ganzen Tag andauernden Sondersendungen. Gratulation auch dem ORF für seine Übertragung.
Vielleicht besteht nach den Katastrophen der letzten Jahre auch kein Interesse mehr an überlangen Blut-und-Elend-Übertragungen; Vielleicht ist die Bevölkerung nach einer Woche andauerndenNonstop-Tsunami Bildern im Dezember immer noch gesättigt und braucht als medialen Ausgleich wieder eine ordentliche Überdosis Rosamunde Pilcher. Doch ich ende, bevor ich geschmacklos werden. Danke.
Kraxler meint
Erzähl Du mir nochmal, Du hättest keine seriösen Themen. Hab lange keinen Beitrag mehr irgendwo gelesen, dem ich so uneingeschränkt zustimmmen konnte. Die Frage nach der Information der Medien stellt sich in solchen Fällen eigentlich fast immer. Ich glaube allerdings, dass es noch eine weitere Möglichkeit gibt: Die Medien wurden informiert, haben sich jedoch an eine gewisse Absprache mit den Behörden gehalten, Informationen erst nach einer gewissen Zeit herauszugeben. Quasi als Panikdämpfer, nur als Möglichkeit. Fraglich nur, ob Zurückhaltung oder eher breite Information zur Wahrung der Ruhe beiträgt, da streiten sich Medienwissenschaftler wohl noch lange drüber. Da könnten die Briten dann froh sein, dass N-TV keiner ihrer Sender ist.
kindchenschema meint
Glaube kaum, das sich die Medien an irgendwelche Abmachungen halten, wenn sie schon Sendematerial und Informationen haben. Die öffentich-rechtlichen schon eher, beim Rest unwahrscheinlich: Da geht’s darum der Erste zu sein mit der Info. Da kümmert sich keiner mehr um Medienethik. Obwohl sich sowieso alle an Strohhalme geklammert haben. Selten Nachrichten gesehen, bei denen so oft: „…laut inoffiziellen Angaben….konnte bisher nicht besätigt werden….etc.“ vorgekommen ist.
Es geht allerdings nicht um Zurückhaltung der Informationen, es geht um die Qualität der Information. Die Bevölkerung muss informiert werden, schon klar, es müssen aber keine Bildern mit blutüberströmten Menschen gezeigt werden. Das ist nicht notwendig um Informationen zu liefern, das ist reine Emotionalisierung der Inhalte und das ist meiner Meinung nach absolut unnötig.
Werde allerdings auch gespannt die Bloggerszene beobachten, wie dort der Vorfall bearbeitet wird.