Aus aktuellem Anlass beschäftige ich mich intensiv mit dem Downsizing von etwas zu schnell laufenden Mopeds. In Foren gibt es viele nette Theorien, doch einzig der gültigen Gesetzgebung sollte man vertraulich folgen.
Gefunden habe ich den Erlass des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie: Verwendung und Messung der Geschwindigkeit von Motorfahrrädern Rollenprüfstand – Rückschlüsse auf die Bauartgeschwindigkeit aus dem Jahr 2011. Dieses in wohlformuliertem Gesetztesdeutsch verfasste PDF schreibt deutlich vor, wie schnell man inklusive sämtlicher Toleranzen sein darf und das sogar von Gesetztes wegen.
Mit viel Menschenverstand sind diese Toleranzen nachvollziehbar. Das Wichtigste: Man darf in Österreich mit einem roten Nummerntafele nur 45 km/h fahren. Basta. Das gilt, nix anderes zählt, auch wenn Andere anderes behaupten.
Bei einem Moped ist der Tacho aber leider alles andere als genau und auch die Messung der Geschwindigkeit ist nicht ganz so einfach, wie man es erwarten könnte. Viele Faktoren verderben den Brei: Einerseits ist ein jugendliches Körperchen mit Mäusegewicht keine allzu große Bremse, ein paar km/h sind es aber dennoch. Luftwiderstand, Wetter, Fahrbahn, alles Faktoren, die die Geschwindigkeit beeinflussen.
Die Intention der Mopedhersteller ist es natürlich, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten, aber inklusive der Bremsfaktoren haben die Rollerchen einfach von Grund auf mehr Speed.
Ein kurzes Gedankenexperiment dazu:
Firmenüberlegung 1: Chef: „Wir bauen nur Roller die maximal die gesetzlichen Bestimmungen einhalten!“ Der umsetzende Ingenieur konstruiert das Fahrzeug nun so, dass ein 35 kg leichtes Mädl bei Rückenwind und leicht abschüssiger babypopoglatt asphaltierte Straße nicht schneller als 45 km/h fährt. Das Moped bekommt eine Speedreserve von sagen wir 5 km/h um Gewicht und Rollwiderstand abzufangen.
Firmenüberlegung 2: Chef:„Unserer Roller müssen auf jeden Fall 45 km/h schnell sein. Mindestens so schnell wie es das Gesetzt sagt!“ Der Ingenieur dieser Firma hat also einiges an Reserve einzuplanen, berücksichtigt er nun einen 120kg schweren Fahrer, der bei Gegenwind die Schotterpiste Richtung Großglockner absolviert. Und das mit 45 km/h!!
Und jetzt stellen wir uns kurz vor die beiden Fahrer tauschen ihrer Mopeds und das Mädl kommt mit dem Roller des Gipfelstürmers in eine Polizeikontrolle. Hmmm…….
Auf der Rolle…..
Die Beamten stellen das Moped auf die Rollen und hier werden nun die Toleranzen wichtig. Die oben verlinkte Richtlinie des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie spricht dabei zuerst von der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h. Dieser Wert wird ein wenig erhöht, da eine Richtlinie 95/1/EG zur bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit +/- 5% ergänzt. Dieser Wert darf wiederum maximal 5% über dem Herstellerwert liegen. Langer Worte kurzer Sinn: zuzüglich von jeweils zwei mal 5% kommen wir auf 49,6 km/h die als Messgrundlage für die Polizisten dienen.
Das Moped steht auf der Rolle und jetzt kommen Fahrergewicht und die atmosphärischen Bedingungen (Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit) hinzu. Wenn die Rolle jetzt ohne zuzügliche Bremswirkungen maximal 66 km/h anzeigt, entspricht dies einer wirklichen Geschwindigkeit von 49,6 km/h und das ist ok. Die Beamten lächeln freundlich und der Ausflug kann weitergehen.
Über 66 km/h wird der Blick der Polizisten ernster. Die Beurteilung der Geschwindigkeiten zwischen 66 und 76 km/h auf der Rolle liegen in der Hand der Exekutivbeamten und können vom bösen Blick bis zum „normalen“ Strafzettel alles umfassen.
Zeigt die Geschwindigkeit an der Rolle über 76 km/h droht Übles. Dann ist das Fahrzeug definitiv manipuliert und der Gesetzgeber sieht neben einer Verletzung des §56 KFG auch eine Abnahme der Kennzeichen und den Einzug der Zulassung vor. Das sollte also auf keinen Fall passieren, weil der Papa daheim dann wohl äußerst verstimmt sein wird.
Das Infoblatt des Ministeriums zeigt neben den Grenzen für den Rollentest auch die Toleranzgeschwindigkeiten für die Messungen per Radar oder Laser. Dort liegt die Toleranzgrenze bei 52,6 km/h (Laser) und 54,6 km/h (Radar) bzw. die wilden Strafen beginnen ab 64,6 km/h (Radar) und 62,6 km/h (Laser).
Fazit
Tja, liebe Leute. Manchen Foren-Märchen sollte man also nicht ganz glauben. Selbst die Geschichte: „Ich war auf der Rolle und die 65 km/h waren voll ok für die Haberer. Nix passiert, kannste ruhig den Vergaser tauschen.“, bekommt bei genauerer Betrachtung eine ganz anderen Stellenwert.
Der begabte Tuner sollte beim Erreichen der 65 km/h in freier Wildbahn schleunigst sein Rollerchen downgraden. Bei der Polizeikontrolle wird er nämlich kaum mehr die auf Asphalt erreichten 65 km/h haben, sondern in Kürze weder Nummerntafel geschweige den eine Zulassung.