Die letzten Wochen schwirrten in meinem Kopf immer wieder ähnliche Gedanken zu Privatsphäre, Cloud- und Online-Diensten, der rasanten Entwicklung der Kommunikationstechnik in den letzten Jahren und wohin die ganze Entwicklung in vielen, vielen Jahren führen wird. Ich bin schon seit langem überzeugt, dass es in unabsehbarer Zeit einen ordentlichen Kommunikationscrash geben wird. Die Datenleitungen werden zusammenbrechen, Daten werden in großem Maße verschwinden oder ein ähnlicher Daten-Super-GAU droht. Es ist nicht die Frage des ob, sondern nur die Fragen des wann.
Ich bin die Cloud
Ich selbst bin bereits letztes Jahr zur Erkenntnis gekommen, dass sich mein Nutzungsverhalten grundlegend verändert hat. Es war ein schleichender Prozess, aber inzwischen bin ich ein großer Cloudnutzer. Meine frühere, selbstverständliche Skepsis gegenüber Internetdiensten ist immer mehr verblasst. Ich blicke inzwischen auf eine wirklich sehr lange Karriere im Netz zurück, ich glaub meine ersten Internetschritte waren im Jahr 1995. Wow. Ich erinnere mich noch genau, als ich bei Facebook meinen „echten Namen“ angeben sollte. Wie? Das habe ich davor nie, nie, nie irgendwo getan. Davor war ich wirklich anonym, mit Ausnahme von Amazon, bei dem ich auch schon seit dem Jahr 2000 Kunde bin! Mit Facebook habe ich begonnen, Onlinediensten etwas von mir zu erzählen. Es ging weiter, dass ich bequeme Onlinedienste nutze, wie Evernote oder Dropbox. Praktisch, seine Daten überall griffbereit und synchron zu haben. Immer mehr, immer selbstverständlicher wurde die Nutzung. Google, der Inbegriff der benutzerfreundlichen Anwendung von Onlinediensten: Vom Email zum Kalender zur Statistik, alles ist mit einem Klick verfügbar. Als ich letztes Jahr einen neuen Klapprechner kaufte, musste ich mich nur überall erneut anmelden und alles war wie gehabt. Die sündhaft teuren Programme wurden nach der Anmeldung runtergeladen, installiert und alles war wie gewohnt. Nix Pappschachtel mit DVD. Die letzten Jahre schwellte immer wieder schon die Diskussion über die Privatsphäre im Netz und der gläserne Mensch. Doch was habe ich zu verheimlichen? Warum soll gerade ich interessant sein? Ich, einer von Millionen Normalsterblichen. Wenn interessieren meine Daten?
Ist mein Leben nur mehr digital?
Vor wenigen Wochen war ich mit einem guten Freund abends ein Bierchen trinken und er verkündete stolz, er habe seinen gesamten Google-Account still gelegt. Wow. Das hat gesessen. Geht das überhaupt? Er, doch sehr technikverliebt und am Stand der Dinge. Es geht, keine Frage. Ich selbst nutze sehr, sehr viele Onlinedienste: Twitter, Feedly, facebook, evernote, dropbox, pinterest, tumblr, Instagram, youTube, Instapaper, fast alles von Google, Amazon. Die Liste ist wirklich lang. Die grundlegende Frage lautet: Was brauch ich eigentlich, was ist ein netter Spaß und was kostet eigentlich nur Zeit? Einen Dienst habe ich schon vor längerer Zeit entfernt: foursquare. Ich habe für dieses Tool keinen Nutzen gesehen. Gut, ich habe brav meine Locations eingecheckt und bewertet aber dann? Foursquare hatte für mich absolut keinen Nutzen. Ich geh nicht mit jemandem Kaffee trinken um als Erstes ein paar Minuten in meinem Smartphone zu versinken. Nein, so nicht! Die Diskussion um WhatsApp hat mich wieder schwer zum Nachdenken gebracht. Für was brauche ich noch mal diese Messenger? Um Bilder zu versenden? Gut, fein. Für was brauche ich die meisten meiner Tools? Hmm….. Ich versuche jetzt zurück zu gehen. Ich will nicht mehr alles online haben. Ich war vor wenigen Jahren ganz stolz alle analogen Begleiter in Pension geschickt zu haben. Alles am iPad. Wunderbar. Kalender, Mail, Daten, Projekt-Tools. Alles mit einem Wisch erreichbar. Und trotzdem habe ich bei Kundenbesprechungen nie einen Block dabei und muss mir jedes Mal einen Zettel ausleihen, da ich sowieso alles mitschreibe und nicht eintippe. Resümee: Ich gehe zurück zum Notizbuch.
Die Rückkehr
Ich gehe zurück. Ich werde versuchen in der kommenden Zeit meine digitalen Dienste zu reduzieren. Was ich als Cloud brauche, werde ich in meiner eigenen OwnCloud speichern. Den Google-Calender werde ich versuchen zu reduzieren, die Kontakte einfach aufschreiben, statt einzutippen. Notizen auf Papier zu bringen und nicht ins Netz. Und die Spaßdienste? Werde ich sie brauchen? Reichen nicht meine Blogs auch aus um mich im Netz zu zeigen? Brauch ich einen eigenen Bilderdienst? Short-Message-Tools? Ich bin gespannt wie es funktionieren wird und ob das digitale Leben, wie bis jetzt genutzt wirklich so praktisch und unersetzbar ist. Ich arbeite am und mit dem Rechner, doch ich möchte den Rechner wieder als Arbeitsinstrument und nicht als Mischung aus Kommunikations- und Produktivitätsgerät sehen, das immer wieder piepst und pfeift und meine Arbeit dadurch unterbricht. Der Einstieg in den Ausstieg wird sicher nicht schwer, da ich heuer wieder ein digitales Fasten betreiben werde und dadurch schon in wenigen Tage mich selbst zwinge viele Tools nicht mehr zu nutzen.
Wir werden sehen, wie es danach weitergehen wird.
Peter meint
Ich für meinen Teil bin schon länger dabei dies umzusetzen. Den google Kalender habe ich schon eingestellt und nutze nun meinen Thunderbird. Auch nutze ich keine Clouds. Bei mir ist alles auf meinem PC. Nun, das ist zumindest mein Weg.
Nikolaus meint
Interessant, dass ich damit nicht der einzige bin. Scheinbar gibt es immer mehr Leute, die keine Lust mehr darauf haben beinahe ausschließlich in einer digitalen Welt zu leben. Papier ist geduldig, die Cloud ist es aber nicht…